Antifaschist des Jahres

„Unser Umgang mit den Rechten auf dem Land ist eine ständige Gratwanderung“
Die junge AbL verleiht Preis zum Antifaschisten des Jahres an Ottmar Ilchmann

Es hätte auch ganz anders kommen können. Als im Juni in Ostfriesland 3000 Menschen, die meisten von ihnen Landwirt*innen, zur Demonstration gegen eine verfehlte Wolfspolitik zusammenkamen, hätten auch AfD Funktionäre oder die Freien Bauern auf der Bühne stehen können. „Fast täglich haben wir Anrufe oder Emails von denen bekommen“, so Ottmar Ilchmann: „Politiker wie der AfD Funktionär Dannenberg haben alles getan, um das Thema für sich zu vereinnahmen“. Er und einige Kollegen, die Teil des Organisationsteams waren, hatten aber eine klare Bedingung. Rechtsextremen wie diesen dürfe kein Platz geboten werden!

Wir können die AfD nicht wegignorieren
Für Ottmar ist der Kampf gegen die Ausbreitung rechten Gedankenguts auf dem Lande eine tägliche Aufgabe. Eine Abgrenzung gegen Rechts, wie sie auch in der AbL Satzung festgeschrieben ist, ist wichtig, reicht aber bei weitem nicht mehr aus. „Die AfD ist eine Realität, die wir nicht einfach wegignorieren können. Als Landwirt*innen haben wir die Verantwortung, den Kontakt zu unseren Berufskolleg*innen zu suchen und in die inhaltliche Auseinandersetzung zu gehen. Immer wieder müssen wir erklären, warum die AfD nicht einfach eine weitere Partei unter vielen ist. Mit Blick auf die Umfragewerte der Partei müssen wir klar machen, warum der ständig gesagte Satz ‚Schlimmer als die Ampel-Regierung kann es ja nicht werden‘ leichtsinnig ist.“ Solche Gespräche sind allerdings nur möglich, wenn auch Kontakte zu den Kolleg*innen bestehen. Deshalb war es für den Milchbauern aus Ostfriesland so wichtig, in das Leitungsteam der Anti-Wolf Demonstration einzusteigen. Denn von innen konnte er Einfluss auf das Programm und die Redner*innen-Liste nehmen, was von außen nicht möglich gewesen wäre.

Grenzen ziehen, wo Grenzen überschritten werden
Bei der AbL Mitgliederversammlung im Dezember erhielt Ottmar jedoch nicht nur wegen seiner politischen Arbeit in Ostfriesland den Preis zum Antifaschisten des Jahres. Entscheidend war für die junge AbL, die den Preis dieses Jahr zum ersten Mal vergab, dass Ottmar in Extremfällen auch bereit ist, Grenzen zu ziehen. Dazu kam es einige Monate später im November, als der Kreisverband Lüneburg des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) den AfD Politiker Dannenberg als alleinigen Redner zu einer Veranstaltung einlud. Ottmar, der seit über 15 Jahren in dem Verband aktiv ist, entschied sich daraufhin, seine Mitgliedschaft zu kündigen und das Verhalten des Verbandes öffentlich zu kritisieren. Indem er und einige weiter Verbandsmitglieder „klare Kante“ zeigten, konnten sie im Verband eine Auseinandersetzung zu den eigenen Werten und zum Umgang mit Rechts anstoßen, die sonst vermutlich nicht stattgefunden hätte.

Eine ständige Gratwanderung
Die junge AbL ehrt mit ihrem Preis genau diese schwierige Gratwanderung zwischen Kontaktaufnahme und Abgrenzung, die immer wieder neu austariert werden muss. Wo es Sinn macht, in den Kontakt zu gehen und klar und deutlich für seine Werte einzustehen; da, wo Grenzen überschritten werden, Grenzen zu ziehen: das ist es, was Ottmar Ilchmann zum Antifaschisten des Jahres macht.

Infobox In Zeiten einer immer stärker werdenden Rechten, gerade auch auf dem Land, hat sich die junge AbL dazu entschieden, von nun an jedes Jahr den Preis zur Antifaschistin oder zum Antifaschisten des Jahres vergeben. Nominierungen können an junge-abl[at]abl-ev.de geschickt werden.